Broadway Melody Of 1974 (Teil I)


 

Broadway-Melodie von 1974 

 


 

 


 

Der Moment des Einschlages donnert durch die Stille, und in tosendem Lärm dehnt sich letzte Sekunde in einer Welt voller Echo, als ob Zement und Mörtel des Broadways selbst ihrer Erinnerungen noch einmal durchlebten. Die letzte große Märzparade. Der Journalist hängt in seinen Kleidern, matt wie ein Jaulen, als Publikum und Ereignis zu einer Einheit werden.


Bing Crosby (B1) schnurrt: „You don't have to feel pain to sing the blues, you don't have to holla - you don't feel a thing in your dollar collar". ("Du musst keinen Schmerz fühlen, um den Blues zu singen, du musst nicht 'hallo' sagen - du fühlst doch nichts in deinem Dollarkragen".) Martin Luther King (B2) ruft: „Everybody sing!" und läutet die große alte Freiheitsglocke. Leary (B3) , seiner Zelle überdrüssig, geht auf den Wolken, predigt die Hölle. J.F.K. (B4) gibt das okay, uns zu erschießen, nippt an Orange-Julius und an Lemon-Brutus. Barbrüstiger Cowboy doppelt den dreifachen Champion. Wir brauchen keine Medicare und 35-Cents-allround-Fahrpreise mehr, wenn Ginger Rogers und Fred Astaire (B5) tanzen durch das Wolkenmeer. Von stereotypen Broadway-Melodien wechselt die Kapelle zu „Stars and Stripes" (B6) , und bringt eine Träne in die Augen des heimlichen Schnapsbrenners, der seinen Geist hat von der illegalen Destille tröpfeln lassen. Der Pfandleiher leert seine Kasse zum Schluss und drückt den Glücksbringer-Dollar an seine Brust.

 



N.Y.C. - Märzparade - St. Patricks Day




Anmerkungen Begleittext:


(B1) Bing Crosby gehörte als Sänger und Schauspieler, der auch mal eine Tanzeinlage zum Besten geben konnte Jahrzehnte lang (30er bis 60er) zum großen amerikanischen Entertainment. Sein Stiel war bereits in den 20er Jahren  schon dadurch geprägt, dass er afrikanische Gesangs- und Rythmuselemente in Titel, die aus der Feder weißer Musikverlage stammten, integrierte. 

YouTube: "Blues In The Night"


(B2)Martin Luther KingSohn eines Baptisten-Predigers, der sich bereits in der Bürgerrechtsbewegung engagierte, und Doktor der Theologie, zeigte früh seine Begabung als Redner. Er avancierte zum charismatischen Führer dieser Bewegung und trat für die gewaltfreie Einforderung der Rechte der schwarzen Bevölkerungsminderheit, sowie anderer Bevölkerungsgruppen, später auch für die Beendigung des Vietnamkrieges ein. Seine Bemühungen wurden von J.F. Kennedy im Sommer 1963 durch einen Gesetzesentwurf zur Aufhebung der Rassentrennung unterstützt. Das entsprechende Gesetz wurde nach Kennedys Ermordung mit Verzögerung im Sommer 1964 verkündet, aber nicht von allen Bundesstaaten umgesetzt. Gegen Mitte der 60er Jahre verhärteten sich die Fronten zusehends, es traten andere, gewaltbereite Bewegungen hervor, wie die Back Muslimes und Malcom X, der 1965 ermordet wurde, später die Black Panther Party und es kam vermehrt zu Ausschreitungen. 1968 wurde King von dem entflohenen Häftling James Earl Ray ermordet, der diese Tat zeitlebens bestritt. Kings Familie führte bis in das Jahr 2000 vergebens zivilrechliche Prozesse, die eine Verschwörung zwischen Mafia und US-Regierung nachweisen sollten. Neben Abraham Lincoln wird Martin Luther King als eine der schillernsten amerikanischen Persönlichkeiten verehrt.


 "I have a dream"-Rede Teil 2/2 (engl./ mit deutschen Untertiteln; 8 Min.)

Deutsche Übersetzung der Rede  

Die Rede schießt mit folgenden Worten ab:

 „Von jedem Berghang—lass die Glocken der Freiheit läuten.
Wenn dies geschieht, und wenn wir erlauben, dass die Glocken der Freiheit läuten und wenn wir sie von jedem Dorf und jedem Weiler, von jedem Staat und jeder Stadt läuten lassen, werden wir diesen Tag schneller erleben, wenn alle Kinder Gottes, schwarzer Mann und weißer Mann, Juden und Christen, Protestanten und Katholiken Hände halten können und die Worte des alten Neger-Spirituals „Endlich frei, endlich frei. Danke Gott, Allmächtiger, endlich frei“ singen."

"Martin Luther King ruft: „Everybody sing!" und läutet die große alte Freiheitsglocke."

Durch die musikalischen Einflüsse der Afro-Amerikaner auf die amerikanische Kultur, ihr Aufgreifen und Verschmelzen mit europäischen Einflüssen, stellt sich diese Bevölkerungsminderheit (ca. 11% 1974) als ein fester, fruchtbarer und unübersehbaren Bestandteil dieser Kultur dar. (Siehe auch Begleittext zu Bing Crosby (B1) und Anmerkung 10.)

Peter Gabriel (1986):
"Being musicans, our culture has grown out of American music, which grew out of African music. Historycally, our roots follow this line. More than anyone, musicans should be conscious of that."

[Für uns Musiker erwuchs unsere Musikkultur aus der amerikanischen Musik, die wiederum aus der afrikanischen Musik hervorging. Historisch gesehen folgen unsere Wurzeln dieser Linie. Vor allen anderen sollten Musiker sich dessen bewusst sein.]

Quelle: YouTube: The Story of Peter Gabriel; 10 min. Except, engl.  (Inaktiv!)



Liberty Bell               

 

Liberty Bell (engl. Freiheitsglocke) ist der Name der Glocke, die geläutet wurde, als die Amerikanische Unabhängigkeitserklärung in Philadelphia verkündet wurde (1776). Zum letzten Mal erklang sie im Jahr 1846 zu George Washingtons Geburtstag. Seither kann sie durch einen breiten Riss, der über die halbe Höhe der Glocke führt nicht mehr zum klingen gebracht werden.


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(B3) Timothy Leary, ein amerikanischer Psychologe, der bewusstseinserweiternde Drogen die Eigenschaft zusprach, gesellschaftliche Prägungen auf zu lösen, ihren kontrollierten Gebrauch in der Psychiatrie befürwortete und zu einer der Gallionsfiguren der Jugendkultur wurde.

Leary, seiner Zelle überdrüssig, geht auf den Wolken, predigt die Hölle."

Während der Entstehungszeit von The Lamb Lies Down On Broadway saß Leary im Gefängnis. Nachdem Nixon ihn zum Staatsfeind Nr. 1 erklärt hatte, wurde Leary 1970 wegen des Besitzes von Marihuana zu zehn Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Nach einer Flucht verfolgte man ihn bis nach Afghanistan und brachte ihn 1973 in die Staaten zurück. Dort blieb er bis 1976 inhaftiert.

How To Operate Your Brain (stark gekürzter Auszug, engl., 2 Min.) 

How To Operate Your Brain (engl., 29 Min.)


From Psychedelics to Cybernetics: Wie Timothy Leary und Marshall McLuhan sich den Umgang mit Medien beibrachten; Recherche - Zeitung für Wissenschaft; 4.4.2011 

Die Aussagen Learys, die in den nachfolgenden Zitaten wiedergegeben werden, bilden einen wesentlichen Kern der gesamten Songtexte der Lamb. 


Auszug aus Wikipedia:

Zitate:

Die meisten Versuche, das Verhalten zu ändern, erhöhen die Hilflosigkeit des Menschen, verringern seine Freiheit und verschlimmern dadurch in Wahrheit diejenigen Probleme, die sie eigentlich lösen wollten. Timothy Leary, LSD-Forscher


Think for yourself. Question authority. Throughout human history as our species has faced the frightening terrorizing fact that we do not know who we are or where we are going in this ocean of chaos it has been the authorities - the political, the religious, the educational authorities - who attempted to comfort us by giving us order, rules regulations - informing, forming in our minds their view of reality. To think for yourself you must question authority and learn how to put yourself in a state of vulnerable open-mindedness - chaotic, confused vulnerability to inform yourself. Think for yourself. Question authority. Zu hören auf der CD & VHS/DVD Box "Salival" von Tool

(Durch die gesamte menschliche Geschichte hindurch, in der unsere Spezies der beängstigenden, schrecklichen Tatsache ins Auge sehen musste, dass wir nicht wissen, wer wir sind oder wohin wir in diesem Ozean des Chaos gehen, sind es die Autoritäten - die politischen, religiösen und bildenden (von Bildung) Autoritäten - die uns versuchten mit Anweisungen und Vorschriften zu trösten - informierend, ihre Sicht der Realität in unserem Verstand formend. Um selbst zu denken, musst du Autoritäten hinterfragen und lernen, wie du dich selbst in einen verwundbaren Zustand des offenen Geistes bringst, chaotische, wirre Verwundbarkeit, um dir selbst ein Bild zu machen. Denke selbstständig! Hinterfrage Autoritäten!; Übersetzt von UK) 

  
Leary formulierte in diesem Zusammenhang die Zwei Gebote für das Molekulare Zeitalter:

1. Thou shalt not alter the consciousness of thy fellow men. (Deutsch: Du sollst das Bewusstsein deines Nächsten nicht verändern.)

2. Thou shalt not prevent thy fellow man from altering his or her own consciousness. (Deutsch: Du sollst deinen Nächsten nicht daran hindern, sein oder ihr Bewusstsein zu verändern.)

Diese Sätze sind aber durchaus nicht nur in Bezug auf den Gebrauch von Drogen zu verstehen, sie beziehen sich auch auf die Manipulation durch Massenmedien, Politiker und Gruppenzwang.

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(B4) John F. Kennedy war von 1961 bis zu seiner Ermordung im November 1963 Präsident der Vereinigten Staaten. In seiner kurzen, aber bewegten Amtszeit begünstigte er tiefgreifende Veränderungen in Politik und Gesellschaft.

„J.F.K. gibt das okay, uns zu erschießen, nippt an Orange-Julius und an Lemon-Brutus."

Soll heißen, dass er in die eigenen Reihen zielte bzw. den falschen Leuten auf die Zehen trat oder die Hand reichte.


Caesars Tod;Carl Theodor Piloty 1865Kennedy wird hier mit (Julius) Caesar und Brutus in Verbindung gebracht. Brutus, enger Vertrauter des römischen Diktators lockte diesen in einen Hinterhalt im Senat, wo dieser einer Verschwörung zum Opfer fiel und von den Senatsmitgliedern im Jahr 44 v. Chr. erstochen wurde.  Aus seinem Namen leiten sich später die Titel Caesare, Kaiser und Zar ab.
                                                       



"Secret Societies" Rede 27.4.1961 (Auszug, engl. mit deutschen Untertiteln, 5 Min.)

Redeprotokoll mit deutscher  Übersetzung

 
(B5) Ginger Rogers u. Fred Astaire: tanzendes Traumpaar der 30er-50er Jahre.


(B6) (The) Stars and stripes (forever): US-Amerikanischer Militärmarsch, 1987 zum Nationalmarsch erklärt.

YouTube: "The Stars And Stripes Forever"  







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Music: Genesis; Lyrics; Liner Notes: Peter Gabriel

Deutsche Übersetzung:

Songtexte: Ute Kretzschmar; Begleittext: Petra Gehrmann